02.08.2021 09:50 // „Dialyse ist gut, Transplantation ist besser“

Patienten, die an schweren Nierenerkrankungen leiden, bekommen über die Dialyse die lebensrettende Behandlung. Damit einhergehen jedoch massive Einschränkungen und eine verkürzte Lebensdauer. Doch ist eine Nierentransplantation wirklich die bessere Alternative? Dr. med. Thomas Rath, Leitender Arzt der Abteilung für Nephrologie und Transplantationsmedizin, sagt ganz klar „Ja“ und erläutert im Interview warum.

Wie schätzen Sie die Nierenersatztherapie (Dialyse) ein?

Dr. Rath: Bei Menschen mit schweren Nierenerkrankungen rettet die Dialyse das Leben der Betroffenen. Aber eine Dialysebehandlung ist niemals so gut wie eine funktionierende Niere. Menschen an der Dialyse müssen eine ganze Reihe bedeutender Einschränkungen auf sich nehmen.

Die Einschränkungen der Patienten, die wöchentlich mehrmals an die Dialyse müssen, sind erheblich. Welche sind das im Besonderen und haben diese Patienten eine Alternative?

Die Einschränkungen betreffen Aspekte der Ernährung, der täglichen Trinkmenge und der allgemeinen Lebensqualität. Hinzu kommt die zeitliche Belastung durch die Dialysebehandlungen, unabhängig davon ob diese in einem Dialysezentrum oder in der häuslichen Umgebung als Heimdialyse durchgeführt werden. All dies führt dazu, dass die Lebensqualität von Menschen an der Dialyse schlechter ist als die von Nierengesunden. Zusätzlich führt die auf Dauer unzureichende Entgiftung des Körpers trotz Dialyse zu einer vermehrten Zahl medizinischer Komplikationen und zu einer Verkürzung des Lebens der Menschen an der Dialyse. Nach einer Transplantation ändert sich dies. Menschen die transplantiert sind, haben im Vergleich zu Menschen an der Dialyse eine bessere Lebensqualität und weniger Einschränkungen im Alltag. Darüber hinaus gewinnen Menschen nach einer Nierentransplantation Lebenszeit hinzu. Transplantierte Patienten leben länger als Dialysepatienten. Dialyse ist gut, Transplantation ist besser.

Was sind die häufigsten Gründe für eine Nierentransplantation?

Einer Transplantation geht eine, zumindest drohende, dialysepflichtige Nierenerkrankung voraus. Dies kann durch verschiedene Erkrankungen bedingt sein. Neben dem Bluthochdruck und der Blutzuckererkrankung (Diabetes mellitus) spielen Autoimmunerkrankungen der Niere, die sog. Glomerulonephritiden eine große Rolle. Aber auch vererbte Erkrankungen wie die familiären Zystennieren sind häufige Ursache.

Was sind die Risiken bei einer Nierentransplantation?

Bei einer Transplantation muss man zwischen dem Kurzeit- und Langzeitrisiko unterscheiden. Kurzzeitrisiken betreffen primär den operativen Eingriff als solchen. Langzeitrisiken betreffen den notwendigen Eingriff in die Immunabwehr des Körpers. Transplantation bedeutet das Einsetzen eines fremden Organs in den Körper. Dieses fremde Organ wird von Abwehrzellen erkannt, angegriffen und zerstört. Damit das nach einer Organtransplantation nicht passiert, wird die Immunabwehr des Körpers unterdrückt. Das ist notwendig, um den Erfolg der Transplantation zu sichern. Es bedeutet aber im Umkehrschluss, dass der Körper auf andere Krankheitserreger anfälliger ist. Dieses Infektionsrisiko bleibt bei transplantierten Patienten lebenslang erhöht. Auch den Dialysepatient betrifft das erhöhte Infektionsrisiko. Das liegt daran, dass eine Dialyse nur unzureichend die Entgiftung des Körpers übernimmt, was insgesamt die körpereigene Abwehr schwächt und ihn damit anfälliger für andere Krankheiten macht. Auch das Krebsrisiko ist bei Dialysepatienten ähnlich wie bei Nierentransplantierten etwas erhöht.

Welche Schritte muss ein Patient gehen, um auf die Warteliste für eine Nierenspende zu kommen?

Die Durchführung einer Nierentransplantation erfordert besondere medizinische Voruntersuchungen, um das Risiko der Transplantatempfänger möglichst niedrig zu halten. Darüber hinaus müssen alle Patienten, die transplantiert werden wollen, über ein Transplantationszentrum auf die Warteliste zur Nierentransplantation bei Eurotransplant gemeldet werden. Die deutschen Transplantationszentren haben sich auf weitgehend ähnliche Anforderungen für die Aufnahme eines Patienten auf die Warteliste geeinigt. Zusätzlich muss aber immer noch individuell für jeden einzelnen Patienten über die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen und die Möglichkeit der Aufnahme auf die Warteliste entschieden werden.

Wie lang ist im Durchschnitt die Wartezeit für eine Niere?

Aktuell ist die durchschnittliche Wartezeit für eine Niere in Deutschland 8 Jahre. Sie hat in den letzten Jahren leider deutlich zugenommen. Früher mussten die Patienten im Durchschnitt circa 4 bis 5 Jahre auf eine Spenderniere warten. Das Problem ist, dass viele Menschen transplantiert werden wollen, aber die Zahl der zur Verfügung stehenden Organspendenden leider nicht hoch genug ist. Aus diesem Missverhältnis resultiert die durchschnittliche Wartezeit von 8 Jahren.

Wie viele Personen sind aktuell auf der Warteliste für eine Nierenspende am Westpfalz-Klinikum?

Momentan sind etwas über 100 Menschen auf unserer Warteliste zur Transplantation registriert.

Wie ist der Ablauf im Transplantationszentrum Kaiserlautern?

Im Transplantationszentrum Kaiserslautern geschieht die Aufnahme auf die Warteliste zur Transplantation in einem mehrstufigen Vorgehen. Ganz am Anfang steht die ausführliche Beratung von Patient und Angehörigen durch einen erfahrenen Nephrologen. Gemeinsam wird dann ein individuelles Vorgehen mit Festlegung der notwendigen Untersuchungen, zur Abschätzung der Durchführbarkeit einer Transplantation erarbeitet und festgelegt. Diese Untersuchungen können dann entweder stationär oder ambulant durchgeführt werden. Nach Vorliegen aller dieser Untersuchungsbefunde erfolgt eine erneute, ausführliche Beratung des Patienten durch das Team der Nephrologie und die Vorstellung in der Transplantations-chirurgie. Sind alle Fragen beantwortet und ergeben sich keine Hindernisse auf dem Weg zur Aufnahme auf die Warteliste, kann der Betreffende nach Zustimmung der interdisziplinären Transplantationskonferenz des Westpfalz-Klinikums über das Transplantationszentrum auf die Warteliste zur Transplantation bei Eurotransplant gemeldet werden.

Was geschieht bei einem Organangebot?

Liegt für einen Patienten auf der Warteliste ein entsprechendes Organangebot vor, so wird das Transplantationszentrum in Kaiserslautern durch Eurotransplant informiert. Ärzte und Ärztinnen der Nephrologie und der Transplantationschirurgie überprüfen das vorliegende Angebot und treffen gemeinsam die Entscheidung zur Akzeptanz des Organs. Daraufhin erfolgt umgehend die Information des Patienten und des jeweiligen Dialysezentrums. Die Transplantation selbst wird dann so rasch wie möglich nach Aufnahme auf die nephrologische Transplantationsstation von den Kollegen der Transplantationschirurgie durchgeführt. All dies geschieht Tag und Nacht, rund um die Uhr und jeden Tag des Jahres.

Wie viele Patienten haben am Westpfalz-Klinikum schon eine neue Niere erhalten?

Seit Bestehen der Abteilung für Nephrologie und Transplantationsmedizin sind mittlerweile schon über 1200 Menschen transplantiert worden. Wenn Sie nähere Informationen oder ein Gespräch mit Dr. med. Thomas Rath wünschen, kontaktieren Sie das Transplantationsbüro:

Ansprechpartner im Transplantationszentrum
Transplantationsbüro
Utta Lembach
Montag bis Donnerstag: 8.00 bis 15.00 Uhr
Freitag: 8.00 bis 13.00 Uhr
Telefon: 0631 203-1693
Fax: 0631- 203 1647
E-Mail: transplant@westpfalz-klinikum.de Zur Abteilung für Nephrologie und Transplantationsmedizin